Schottland 2022

Tag 8: Stronelairg Lodge - Coignafearn Lodge

Jörg | 15.05.2022 Minuten Lesezeit

Die Nacht war recht angenehm, so ohne Regen und mit gar nicht mal so niedrigen Temperaturen. Allerdings nervten nun schon zwei rauschende Flüsse und mein neues (bald Ex-) Zelt hat mich wahnsinnig gemacht: eine leichte Neigung zur Seite ließ sich nun mal nicht vermeiden, sobald ich auch nur die kleinste Bewegung auf der Matte gemacht habe, ging’s bergab gegen die Seitenwand vom Innenzelt. Das Ding ist absolut unbrauchbar!

Auch zum schnellen Frühstück gab es etwas Sonne, dann ging es los den Glen Markie rauf. Wie angenommen war prinzipiell genug Platz zum Laufen, auch wenn das Tal enger wurde. Meist war sogar schwach ein Pfad zu erkennen, entweder von früheren Wanderern oder von Schafen. Besonders weiter oben reichten aber immer mal wieder Felsen bis ans Wasser, die überklettert werden mussten. Und dann natürlich die vielen kleinen und größeren Wasserläufe, die zu überqueren waren. Schuhe und Strümpfe waren nach ein paar Schritten wieder triefnass und das Ganze zog und zog sich. Dabei war die Landschaft ansich sehr schön, besonders oben im Quellgebiet, wo es natürlich auch besonders nass war. Leider wurden Marinas Beschwerden an den Füßen, die in den letzten Tagen angefangen haben, nach und nach schlimmer und schlimmer.

Es war schon weit am Nachmittag, als wir endlich den auf der Karte eingezeichneten Weg erreicht hatten, der nach einiger Zeit auch breiter, aber nicht gerade viel trockener wurde. Und da waren noch über 10 km zur geplanten Stelle zum Zelten zu laufen. Und morgen würde es noch zwei solcher Aufstiege an Wasserläufen, eine pfadlose Passage über die Berge und eine Strecke von insgesamt 27 km zu laufen sein, um plangemäß Aviemore zu erreichen!? Und die nächsten 4 Tage sahen im Plan ähnlich anstrengend aus. Bei einer längeren Rast am Nachmittag, bei der wir auch gekocht haben (damit das dann schon mal erledigt ist, falls es abends auch noch wieder regnen sollte) mussten wir uns dann eingestehen, dass der Plan für uns nicht mehr haltbar war und wir die Ostküste nicht erreichen konnten. Ich war da bei der Planung einfach zu naiv und optimistisch was das Laufen in den schottischen Highlands angeht.

An der Coignafearn Lodge war auf der Karte zu sehen, dass es noch ein paar Kilometer weiter entlang des Flusses einen Parkplatz gibt, an dem eine Straße anfängt, die irgendwann auch in ein Dorf bzw. zu einer größeren Straße führt. Also haben wir noch mal die letzten Kräfte mobilisiert und sind bis zu diesem Parkplatz gelaufen. Zwischendrin hatten wir am Flussufer ein Paar sitzen sehen, das dann in einigem Abstand auch in unsere Richtung ging. Irgendwie müssen die beiden ja an diesen abgelegenen Ort gekommen sein, wahrscheinlich mit einem Auto. Und richtig: auf dem Parkplatz in “the middle of nowhere” stand genau ein Auto. Wir mussten dort also nur noch auf die beiden warten, etwas mitleiderregend gucken und einfach fragen, ob sie uns zurück in die Zivilisation mitnehmen würden. Nicht nur dass die beiden sehr nett waren, sie fragten auch noch, ob Inverness Zivilisation genug wäre, denn dahin würden sie nun zurückfahren und uns mitnehmen!

Man muss sich vorstellen, welcher Zufall uns da geholfen hat! Wären die beiden nicht heute da soweit rausgefahren, oder eine halbe Stunde früher zum Auto zurück gelaufen, oder…oder…oder…

Für unsere Challenge ist das also leider das vorzeitige “The End”, wir sind aber ganz froh, im Trockenen zu sein und keine Situationen provoziert zu haben, aus denen es dann keinen so relativ glatten Ausstieg mehr gegeben hätte. Schottland war (diesmal) einfach starker… (Wie die “Change Control” später mitteilte, waren wir nicht die ersten und einzigsten Abbrecher)

Morgen geht es dann mit dem Zug nach Edinburgh, wie es dann genau weiter bzw. nach Hause geht, steht noch nicht ganz fest.

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