Jakobsweg 2007

Stück für Stück

Jörg | 25.01.2007 Minuten Lesezeit

Nun sind die Vorbereitungen richtig angelaufen. So habe ich inzwischen mein “Credencial”, den Pilgerpass, der einem (hoffentlich) u.a. die Türen zu den Herbergen in Spanien und auch in Frankreich öffnet. Außerdem kann man sich darin per Stempel in den Herbergen oder auch in besuchten Kirchen oder Klöstern bestätigen lassen, wo man vorbeigekommen ist. Wer auf diese Art die letzten 100 km (zu Fuß oder zu Pferd, Fahrradfahrer brauchen 200 km) nach Santiago de Compostella nachweist, kann sich mit einer “Compostela” seine Pilgertour beurkunden lassen, so die Regel. Auf jeden Fall wird die Sammlung der vielen, zum Teil hübsch gestalteten Stempel zum netten Erinnerungsstück.

Die Vorbereitungen kamen etwas ins Stocken, nachdem ich mich bei zwei vergeblichen Anläufen zum Kauf eines neuen Rucksacks so richtig frustriert habe. Einkaufen ist einfach nicht meins und unverrichteter Dinge wieder nach Hause zu fahren, weil ich nichts Passendes gefunden habe, erzeugt einfach nur das Gefühl, (Lebens-)Zeit verschwendet zu haben. Schließlich stellte sich schon fast etwas Panik ein, denn der Januar ist fast rum und die Zeit vergeht momentan so schnell… Naja, heute schließlich habe ich mehr Erfolg gehabt und einen Rucksack erstanden, der mir gut passt und gefällt (wenn er auch nicht gerade der leichteste ist). Außerdem habe ich auch einen Schlafsack gekauft, der wohl einen ganz guten Kompromiss zwischen Gewicht, Größe und Preis darstellt und sich auch ganz gut anfühlt, da er innen aus Seide besteht.

Was die innerliche Vorbereitung angeht, haben wir schon letzte Woche zunächst einen Diavortrag über den Camino Frances (und teilwiese auch den Camino del Norte) im Martinushaus gesehen. Die Veranstaltung war vom Alpenverein organisiert und so gut besucht, dass zig Leute sogar keinen Einlass mehr gefunden haben. Fotos und Vortrag waren professionell und routiniert vorgetragen (inkl. Musikuntermalung) und haben die Vorfreude auf jeden Fall gesteigert. Nachdenklich gestimmt haben die Bilder und Kommentare, die die Fülle gerade auf den letzten Etappen vor Santiago de Compostella sehr deutlich gemacht haben. Gut, die Bilder waren zum Teil im Heiligen Jahr 2004 aufgenommen, in dem sich laut Statistik die Zahl der Pilger gegenüber dem Vorjahr mal eben mehr als verdoppelt hat (2004 in Summe fast 180.000). Nicht zuletzt Dank Hape Kerkeling wurde 2006 wohl bereits auch schon die 100.000er Marke in einem Nicht-Heiligen Jahr geknackt. Naja, man wird sehen…

Ein weiterer Vortrag in dieser Woche im Bachsaal der Christuskirchengemeinde bildete ein en interessanten Kontrast zu den bunten Bildern. Vortragender war ein Aschaffenburger, der sich 2003 nach Abschluß seiner Facharztausbildung (Richtung Psycho) mehr oder weniger ohne Vorbereitung, dafür aber um so mehr Gottvertrauen, in Spanien auf den Weg gemacht hat. Bei diesem Vortrag ging es mehr um die mentalen, geistigen und geistlichen Aspekte einer Pilgertour. Mitgenommen habe ich hier vor allem seine Schilderungen der ersten Tage, die sicher durch die mangelnde Vorbereitung (er ist buchstäblich kurzärmelig und in Sandalen gestartet) besonders hart waren. Es wurde aber sehr deutlich, dass es einfach eine Zeit (rund 12 Tage) dauert, bis man seinen Rythmus gefunden hat. Bis dahin droht, dass man sich (seinen Körper) überfordert weil man sich zu viel vorgenommen hat, die Begegnung mit anderen Pilgern eher zum “Rennen” ausartet usw.. Irgendwann geht dann der Sinn des Ganzen verloren. Ähnliches hatte ich schon auch in anderen Berichten gelesen, aber es wurde mir noch mal deutlich, dass ich in dieser Hinsicht ziemlich aufpassen muss, damit mir nicht das Gleiche passiert und statt der ersehnten Ruhe, Gelassenheit und Fokussierung auf den Lauf des Tages in der Natur wieder nur ein Gehetze dabei herauskommt. Hätte ich lieber doch noch etwas mehr Zeit einplanen sollen? On verra, ich bin eigentlich recht zuversichtlich, dass der notwendige Schnitt zu schaffen ist, aber reine Ruhetage werden ein Luxus sein…

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