Umpf, es musste ja so kommen: beim ersten Blick aus dem Fenster war der Himmel zwar grau, es hat aber nicht geregnet. Der Regen fing erst an, nachdem das üppige Frühstück vorbei war. Also die Regenklamotten angezogen und den Spuren Napoleons den Berg hoch gefolgt. Da gab es dann gleich die ersten Probleme mit der neuen Regenhose: die ist nun wirklich dicht und Vollplastik, d.h. sobald man schwitzt, ist man von innen richtig nass. Da es auf dem steilen Anstieg (auf Asphaltstraße) sogar mal aufgehört hatte zu regnen, habe ich die Neuerwerbung gleich mal wieder ausgezogen. Wie sich herausstellte, übertreiben die einschlägigen Pilgerführer (und auch Freund Hape Kerkeling) ganz schön, was die Steilheit und Schwierigkeit der Pyrenäenüberquerung angeht. Sicher, es geht anfangs mal ganz schön hoch, aber sooo doll und lang ist das nun eigentlich nicht.
Oben kam es allerdings ganz dicke: schon ziemlich zur spanischen Seite hin war dann alles nur noch in dunklen Wolken, es hat geregnet, gehagelt, geregnet, gehagelt,… von all der schönen Landschaft war genau nix zu sehen, im Nebel habe ich mich dann auch noch kurz verlaufen, weil durch die vollgeregnete und beschlagene Brille nichts mehr zu sehen war. Da war dann gedanklich mal wieder Schluß bei mir: um mir Regen und Nebel stundenlang anzuschauen, brauche ich nicht in Spanien rumzustolpern, der Geist des Jakobswegs ist durch die zweite Hälfte Frankreich auch stark gewichen (siehe oben), wozu noch weiter durchhalten? Inzwischen war ich dann total durchnässt, weil ich die blöde Regenhose natürlich viel zu spät wieder angezogen habe, also alles so richtig Klasse…
Im Nebel tauchte dann die Rolandsquelle auf, danach der Stein, der verkündet, dass man in Navarra ist. Fortan grüßt man sich also nicht mehr mit “Bon Jour”, sondern mit “Hola”. Spanien zeigte sich erstmal mit so richtig vermatschten Wegen, teilweise blieb nur die Möglichkeit, seitlich durch den Wald zu klettern, was natürlich auch sehr toll war so über all die nassen Steine und Wurzeln… Nachdem die Strasse zum Ibaneta-Pass erreicht war, hörte eine Weile auf wundersame Weise der Regen auf und die riesigen Gebäude vom Kloster Roncevalles waren schon zu sehen. Die Wegbeschreibungen hatten also bei der Länge der Etappe (zeitlich gesehen) auch etwas übertrieben. Die Herberge ist nun allerdings wirklich ein Erlebnis. Erstmal hieß es wieder über eine Stunde pitschnass warten, bevor die Herberge aufmacht. Naja, irgendwie ging die Zeit vorbei. Dann strömte alles (es hatten sich schon einige Zehnerschaften nasser Pilger angesammelt) zur Herberge: ein kirchenähnliches massives Gebäude ohne Fenster, ein großer Raum, Doppelstockbett an Doppelstockbett, im Keller 2 (!) Duschen, eine Waschmaschine und ein Trockner - unglaublich! Es geht total international zu, u.a. gab es gerade ein Gespräch mit einem 80-jährigen aus Neuseeland. Ansonsten lagern nun so langsam tatsächlich über 100 Leute (geschätzt) hier und warten auf das Pilgermenü am Abend. Da werde ich heute mal ausnahmsweise versuchen Fisch zu essen. Und draussen regnet es weiter vor sich hin…