Jakobsweg 2007

54. Etappe: Eauze - Lanne-Soubiron

Jörg | 26.05.2007 Minuten Lesezeit

Oh oh, ein neuer Tiefpunkt ist erreicht. Nachdem es gestern abend stark geregnet und sogar gehagelt hat, war es morgens immer noch am Regnen. Also wiedermal ein Tag, der gleich in Regenklamotten begann. Aus der Stadt raus ging es gerade noch so, dann aber auf den (eigentlich wohl schönen) Wiesenwegen der Hammer: alles ziemlich überflutet, der Weg mehr ein Bach, die Felder kleine Seen. In einer Ecke stand der Weg bestimmt 30-50 cm unter Wasser, über den Acker hatte man in Sekunden schwere Erdklumpen an den Füssen. Sobald eine kleine Straße erreicht war, sind wir dort weitergegangen und anschließend (mal wieder) den Rest über Departementiales (Landstrassen). Im Regen weder lustig noch ungefährlich. Manche Autofahrer weichen nur minimal zur Mitte hin aus, der rechte Außenspiegel ist nur Zentimeter vom rechten Arm entfernt. Zum Glück ist mein Regenjäckchen ja knallrot, d.h. ich bin gut zu sehen. Mit dem Stock verschaffe ich uns manchmal noch ein bisschen mehr Platz, indem ich ihn extraweit vom Körper weg in die Straße rein aufsetze. Bei LKWs bleibt natürlich nur die Flucht ins patschnasse Gras des Seitenstreifens. Dann kommt die Gischt…

Trotz starken Windes waren die Temperaturen einigermaßen auszuhalten, solange man geht, friert man auch nicht. Der Gipfel war das Erlebnis von Chris, dem Belgier, den wir wiedertrafen: er hat mitten auf dem überfluteten Weg einen ziemlich großen Krebs gesehen und zum Beweis photografiert. Angenehmer Seiteneffekt der gezwungenermaßenen Straßenlauferei: die Etappe war deutlich kürzer, als über den Wanderweg. Schon gegen 13 h waren wir daher als Erste in der vorreservierten Gîte, die einfach, aber ganz o.k. ist. Wir konnten gerade noch in Ruhe duschen und unsere Sachen zum Trocknen aufhängen, bevor dann vier weitere nasse Pilger eintrudelten. Komischerweise sank meine Stimmung erst so richtig nach Dusche und kleinem Mittagsschlaf. Hose, Hemd und Stiefel, alles war total nass und trocknet jetzt noch langsam vor sich hin am Petroleumofen. Mich fröstelt es und die Vorstellung, dass es die nächsten Tage nicht besser, sondern evtl. sogar noch schlechter wird (kälter), lässt den Mut ganz schön sinken. Der Weg wird sicher noch Tage unbrauchbar sein, selbst wenn es aufhören sollte zu regnen. Das heisst wieder: Straße laufen…

Gut, nach St.Jean-Pied-de-Port sind es nur noch knapp 200 km, wie aber wird die Pyrenäenüberquerung bei diesem Wetter? Vielleicht bekomme ich noch eine gescheitere Regenüberhose, was aber, wenn es wirklich kälter wird?

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