Jakobsweg 2007

42. Etappe: Nasbinals - Espalion

Jörg | 14.05.2007 Minuten Lesezeit

Heute morgen  war schon recht zeitig Aufbruchstimmung. Franz, der Holländer, und Francois, der Belgier, wollten es sich heute geben und (wieder über Straßen) bis nach Estaing laufen (50 km). Naja, jeder wie er denkt… Die anderen haben wenigstens noch gefrühstückt. Draußen dann etwas Ernüchterung: nicht nur, dass es geregnet hatte, es waren tiefschwarze Wolken am Himmel, es donnerte und blitzte gar nicht so weit entfernt. Na egal, trotzdem erstmal Glück gehabt: die ersten Kilometer gingen nochmals über die baumlosen Höhen des Aubrac, das/die Gewitter waren aber noch ein Stück weg. Hier oben so richtig ins Gewitter zu geraten ist nicht lustig! Also, wie gesagt: Glück gehabt!

Es ergab sich so, dass ich mit einem weiteren Belgier, Willem mit Namen, zusammen gegangen bin. Er ist erst Anfang 20 und hat einen sehr schnellen Schritt. Zunächst wurden wir dann mit etwas Hagel beglückt, dann hat es nur noch geregnet. Das berühmte Örtchen Aubrac (mit alter Abtei und traditioneller Pilgerstation) hat uns bei diesem Wetter nur wenig interessiert. Auch danach war die imposante Landschaft nur wenig zu bewundern, da sie einerseits von Regenwolken verhangen war und man andererseits höllisch aufpassen mußte, auf den nassen Steinen und der langsam total aufgeweichten Erde dazwischen nicht auszurutschen. Ja, und da es irgendwie alles nicht so toll war, haben wir mächtig einen Schritt zugelegt und sind praktisch bis auf eine Pause am Mittag in einem netten Unterstand (wohl ein alter Backofen) durchmarschiert (im wahrsten Sinne des Wortes). Wir haben dabei ca. 1000 andere Pilger bzw. Wanderer überholt (naja, so viele waren es dann nicht, aber 40-50 schon). Auch ein lustiges Bild, wie alle unter ihren Ponchos mit Rucksackbuckel vor sich hin trotten, viele unter fleißigem Stockeinsatz :-) . Wir hatten wirklich ein ziemlich hohes Tempo drauf, denn “plötzlich” waren es nur noch 15 km, dann waren wir bald in St.-Come-d´Olt. Auch ein schönes Örtchen, das bei diesem Wetter aber wenig einladend war.

Wir unterhalten uns in einem lustigen Gemisch aus Französisch und Englisch und fühlen uns dabei so richtig europäisch. Als also das Ende abzusehen war, haben wir als kleinen Aufmunterer ein neues Computerspiel erdacht: Shoot the Pilgrim :-) . Man muss als Spieler versuchen, seinen Pilger nach SdC zu bringen. Unterwegs natürlich schön fleißig Stempel sammeln, wie wir Pilger es tun. Belohnung und Ende des Spiels: die Compostela, wie im Leben auch. Dann aber die Hindernisse: Regen, Wind, Hagel, Nebel, bissige Hunde und unfreundliche Einwohner, die versuchen die Pilger abzuschießen (bisschen böse und brutal, ich weiß, so sind die Einwohner gar nicht, aber egal) :-) . Also: wer hat Lust und programmiert das mal eben? ;-)

Die derart auf Touren gebrachte Stimmung bekam einen Dämpfer bei der Ankunft in Espalion: die anvisierte Gîte municipal (also von der Gemeinde betrieben), sollte man reservieren u.a. im Rathaus. Wir also in die Mairie gelaufen und gefragt. Eine etwas genervte Frau sagte uns dann, dass alles voll sei und warum wir denn nicht reserviert hätten? Das klang alles nicht so richtig freundlich, so dass ich mich nicht zurückhalten konnte und genauso genervt geantwortet habe, dass ich nun schon 1400 km gelaufen sei und es immer ohne diese Scheißreserviererei geklappt hätte. Sie rief dann nicht so gut gelaunt eine andere Gîte an, die aber auch voll war. Wir sind dann raus in den Vorraum und haben den Miam Miam Do Do gewälzt. Plötzlich kam Madam rausgelaufen und war auf einmal ganz freundlich: Sie hatte in einem Feriendorf angerufen und es waren noch Plätze frei. Na also… Nun haben wir so ein kleine Ferienhäuschen zu zweit (statt mit 18 Schnarchnasen einen Schlafraum zu teilen) und zahlen 2 Euro mehr. Geduscht, gewaschen, gekocht, gegessen, schon ist die Stimmung wieder oben (nur die Klamotten wieder trocken zu bekommen, ist noch ein kleines Problem…)

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