Jakobsweg 2007

37. Etappe: La Chapelle en Lafaye - Le Cros

Jörg | 09.05.2007 Minuten Lesezeit

Sooo, heute lief es gut und ich habe die über 40 km geschafft. Ich staune nur, wie ich neulich mit den schmerzenden Beinen ähnlich lange Etappen noch flotter geschafft habe, wahrscheinlich sind es aber doch die Höhenunterschiede, die es ausmachen. Mehr als etwas über 4 km pro Stunde (inkl. Pausen) sind hier im Mittelgebirge nicht drin. Ich hatte mich daher schon gegen 7 h von den lieben Mitpilgern verabschiedet und vorsichtshalber auch telefonisch angefragt, ob es mit der Unterkunft klappt. Der Tag fing etwas kühl und bewölkt an, nach dem Mittag zog es aber auf und der blaue Himmel und die Sonne kehrten zurück. Da läuft es sich gleich wieder leichter. Zusätzliche kleine Stärkungen sind die gelegentlichen “bon courage!” - Wünsche von Leuten, denen man begegnet und die den Pilger erkennen.

Gegen Mittag habe ich den (das?) Forez verlassen und bin nun schon in Velay. Gegen Ende der Etappe, die sich dann doch noch ganz schön hingezogen hat, wurde die Landschaft immer schöner: kleine Täler, von Bächen durchzogen, alles grünt und blüht (Wiesenblumen, auch Ginster), einfach herrlich. Bis auf 2-3 Bauern mit ihren Traktoren bin ich heute unterwegs keinem Menschen begegnet, so ist es doch am schönsten auf dem Weg.

Das Etappenziel ist eine Bergerie (Schäferei), die Gîtes d´etappe anbieten und in der Vereinigung “L´Acceuil Paysan” sind (siehe auch www.acceuil-paysan.com). Angetroffen habe ich ein sehr nettes Paar, das vor ca. 2 Jahren zwei farbige Kinder (6 und 9 Jahre) adoptiert hat und dann noch ein eigenes bekommen hat, 11 Monate. Schön zu sehen, wie liebevoll und geduldig mit den nicht gerade “unquirligen” Kindern umgegangen wird. Leider macht man sich aber auch Sorgen in Bezug auf die Zukunft, weil Frankreich ja gewählt hat (ich habe es ganz vergessen zu erwähnen): 54,5% im Department Loire für den Mann mit dem Kärcher. Wie neulich schon in Thann sprachen auch Martine und Jean-Luis davon, dass es in Frankreich schwer ist, wenn man die falsche Hautfarbe oder allein schon einen falschen Vornamen hat. Der neue Präsident erweckt da nicht gerade Hoffnungen auf Besserungen. Während ich doch einige Leute gesprochen habe, die froh über den Ausgang der Wahl sind, scheinen die Sarkozy-Gegner teilweise sehr besorgt: auf vielen Wahlplakaten, die noch rumhängen, ist Sarkozy mit Hitlerfrisur und -bärtchen bemalt worden. Man wird sehen, ich sage dann immer, dass Frankreich ja trotz Nein zu den “Vereinigten Staaten von Europa” doch fest in die EU integriert ist und Monsieur Sarkozy da nicht einfach so ausscheren kann und wird.

Morgen stehen also nur noch lockere 20 km bis Le Puy en Velay an, ich werde am Nachmittag Tourist spielen und mir die Stadt anschauen, dann aber wohl am Freitag früh nach der Pilgermesse weitergehen. Durch die heutige Etappe bin ich meinem Plan um eine ganze Woche voraus, das ist ganz gut, da kann ich es in Spanien wirklich etwas entspannter angehen lassen.

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