Heute haben die Franzosen Feiertag, Kriegsende 1918. Nachdem wir doch wieder zusammen losgezogen sind, haben sich J.-Cl. und Simon gegen 11 h zu einer entsprechenden Feier einladen lassen. Ich hatte darauf überhaupt keine Lust und bin wieder alleine losgezogen. Endlich alleine, konnte sich dann auch die Traurigkeit über die schlechten Nachrichten von zu Hause ihren Weg bahnen, leider rauben all die Besorgnisse und schlechten Gedanken nicht nur die Freude am Weg sondern auch die Kraft, zum Teil zumindest. Dabei ging es heute kontinuierlich (manchmal auch ziemlich steil) nach oben auf über 1000 m, Mittelgebirgslandschaft eben. Nach der Asphaltlatscherei eine willkommene Abwechslung. Es zieht mich jetzt stark nach Le Puy, dort wird sich der Charakter des Ganzen wieder ändern: es ist mit deutlich mehr Mitpilgern zu rechnen (wir haben bisher keinen einzigen anderen gesehen), die Infrastruktur wird besser und die Pilgerei ist stärker Tradition als bisher.
Ich hatte eigentlich heute schon vor, noch ein ganzes Stück weiter zu gehen, als die vorgesehene Etappe, dann fing es aber gerade an zu regnen, als ich wegen der Unterkunft (vorsichtshalber) telefoniert hatte. Außerdem war der Preis für die Übernachtung mehr als abschreckend. Daher entschied ich mich, doch zu bleiben und telefonierte noch mal, um Zugang zur Gîte municipal zu bekommen. Das hat auch ganz gut geklappt und kaum dass die Madam mit dem Schlüssel ankam, traf freudig winkend der erste der Pilgerfreunde ein, der wegen seiner Herzprobleme die Straßen genommen hatte, die nicht nur weniger stark steigen, als der markierte Weg, sondern offenbar auch (deutlich) direkter laufen, so dass er trotz wesentlich langsameren Tempos nur eine halbe Stunde oder so nach mir ankam. Naja, und kaum, dass wir uns eingerichtet hatten (französisch: installer), kamen auch die beiden anderen Nasen an. Also sind wir wieder traut vereint…
Es sind nur noch 61 km bis Le Puy, wenn es morgen gut läuft, werde ich versuchen, in nur zwei Etappen den Rest zu schaffen. Sooo spannend ist dieser Abschnitt des Wegs nicht und ich würde gerne mein “Guthaben” noch erweitern, um dann für die wirklich schönen und interessanten Stellen Zeit zu haben. Leider habe ich gestern in Montbrison wieder kein Glück mit dem Zugang zum Internet gehabt: es gibt zwar eine Einrichtung, in der man sogar umsonst Zugang bekommen kann, die war aber wegen des Brückentags (heute ist wie gesagt Feiertag) nachmittags geschlossen. Also muss ich mich noch etwas gedulden, bis ich Eure Kommentare und E-Mails endlich zu Gesicht bekomme, ich freue mich darauf…