Wieder beginnt der Tag mit dem Warten auf das Morgengebet mit dem Blick auf die Glocken. Offenbar sind gestern noch mehrere Gruppen angekommen, es sieht etwas voller aus, kein Vergleich aber mit Ostern, wo wohl 4000 Besucher hier waren, da kommt das Ganze dann schon an seine Grenzen.
In der Kirche: ein Sonnenstrahl fällt lang auf das Feld in der Mitte, das den Brüdern vorbehalten ist. Langsam füllt sich die Kirche, die Glocken rufen. Einige der Brüder verharren schon in Gebetshaltung (kniend oder auf einem kleinen Bänkchen über den Unterschenkeln) in ihren weissen Umhängen. Das Ganze wirkt nicht so starr, wie bei manchen der anderen Gottesdienste und Gebetszeiten, die ich bisher miterlebt habe. Vormittags ist jeweils eine Bibelauslegung von einem der Brüder. Der unsrige war zwar theologisch hochgebildet und ist in klarem Englisch und Französisch im Wechsel Vers für Vers durchgegangen, leider hatte das Ganze etwas professorales, da er die Zuhörenden nicht mal angeschaut, sondern meist nur in den Text oder zu Boden geschaut hat. So blieb mir die Argumentationslinie und der Clou der Geschichte etwas im Verborgenen.
Anschließend ist immer Gruppenarbeit vorgesehen, ausgehend von drei Fragen kann man da freiwillig weiterdenken und diskutieren. Das war heute recht spannend, ging es doch um die Frage, was einen an der Kirche stört. In tatsächlich ökumenischer Runde (ich war nicht der einzige Evangele) ging es da schon zur Sache, da ein Teil der anderen recht engagiert in ihren katholischen Gemeinden sind.
Ab Mittag schon kommt Abschiedsatmosphäre auf: einige der Leute, die man regelmäßig sieht, reisen ab, dafür kommen nachmittags einige neue Gruppen an, darunter wohl viele Spanier und Italiener. Gleich beginnt das Abendgebet mit Weitergabe des Osterlichts.
Werden wir morgen also wieder zu Pilgern, hören wir wieder auf den Ruf des Weges und folgen ihm. Abends haben wir im Kreis der Leute, die man in den vergangenen Tagen öfter gesehen hat und mit denen die verschiedenen Gesprächsrunden stattgefunden haben, ein bisschen Abschied gefeiert. Es gibt einen Kiosk, an dem sogar Wein & Bier ausgeschenkt werden, aber nur ein alkoholisches Getränk pro Person! Außerdem hat der Kiosk nur eine halbe Stunde auf, damit wird der Konsum automatisch begrenzt. Horden von Jugendlichen haben aber trotzdem ganz schön Party gemacht. Es war eine tolle Stimmung.